Die Streuobstwiese – Platz der Pflanzenvielfalt

Die Streuobstwiese – alte Bäume, neue Chancen

Bunt ist die Streuobstwiese nicht nur im Herbst, wenn sich das Laub der Bäume in den unterschiedlichsten Farbtönen zum leisen Hauch des Windes bewegt. Die unterschiedlichsten Pflanzen – vom Obstbaum bis zu den Wiesenblumen darunter – sorgen das gesamte Jahr über für einen bunten Mix.

Im 15. und 16 Jahrhundert breitete sich der Obstbau in Mitteleuropa von der Siedlungsnähe auf die umliegenden Wiesen und Weiden aus. Seither wurden in Österreich auf beinahe jedem geologischen Untergrund, Bodentyp und in fast allen Lagen unterschiedlichste Streuobstwiesen angelegt. Kein Wunder also, dass unsere Streuobstwiesen zahlreiche unterschiedliche und artenreiche Pflanzenwelten beherbergen.

Zwischen Agar-Wiese und Refugium

Aus diesem Grund finden sich oftmals nicht nur wirtschaftlich interessante Nutzpflanzen und typische Agrar-Wiesen auf den Streuobstflächen. Seltene und gefährdete Pflanzenarten (z.B. Orchideen) finden hier ebenfalls ideale Bedingungen vor. Oft sind im Unterwuchs der Bäume bunte, blüten- und artenreiche Wiesenflächen mit Glockenblumen, Margeriten oder Wiesensalbei erhalten geblieben. Viele derartige Wiesen sind im Lauf der letzten Jahre jedoch verschwunden. Ursachen dafür sind der vom Bauboom getriebene Flächenfraß und die immer intensivere landwirtschaftliche Nutzung.

Dennoch finden sich auch heute noch neben den intensiv bewirtschafteten Grünflächen, die wesentlich ärmer an Pflanzenarten sind, oft bunte und an unterschiedlichen Gefäßpflanzenarten reiche Wiesen unter den Streuobstbäumen. Nur die Vielfalt an Baum- und Pflanzenformen – vom hochstämmigen Mostbirnbaum bis zum krautigen Unterwuchs erlaubt auch eine große tierische Artenvielfalt. So braucht es etwa das große und vielfältige Nahrungsangebot von Obstbäumen und Wiesenblumen, damit Wildbienen das gesamte Jahr hindurch genügend Nahrung vorfinden.

Bis zu 450 Pflanzenarten

Wie artenreich eine Streuobstwiese ist, hängt jedoch nicht nur von der Bewirtschaftung der Grünfläche darunter ab, sondern vielfach auch von ihrer landschaftlichen Ausformung. Bilden sich etwa Kuppen, Senken oder Hänge aus, kann dies zusätzlich zu unterschiedlichsten Kleinstandorten beitragen. Dadurch kann eine relativ kleine Fläche sogar völlig unterschiedliche Ausprägungen (trocken/feucht, nährstoffarm/nährstoffreich) annehmen. Eine derartige Kleinteiligkeit der Flächen erhöht die Artenvielfalt nochmals immens. In den artenreichsten Wiesen können bis zu 70 verschiedene Gefäßpflanzenarten vorkommen. Insgesamt kann eine einzige Streuobstwiese sogar bis zu 450 Pflanzenarten beheimaten!

Klimafaktor Streuobstwiese

Das unterscheidet die Streuobstwiese mit ihren unterschiedlichsten Bäumen und Untergründen von modernen, niederstämmigen Intensivobstbauflächen. Durch ihre unterschiedliche Ausprägung übernehmen die Streuobstwiesen auch wichtige Funktionen für das kleinräumige Klima. Sie bremsen Wind und filtern die Luft.

Trotz ihrer vielen Vorteile und landschaftsprägenden Identitätsstiftung wurden zwischen 1965 und 2000 rund 70 Prozent der Streuobstflächen in Mitteleuropa gerodet. Da vielfach auch die Baumpflege vernachlässigt wurde, verschwanden auch viele alte Sorten. Zum Glück wurde die Bedeutung der Streuobstwiesen hierzulande vor einigen Jahren wiederentdeckt und so tragen viele Menschen wieder dazu bei, dass die Streuobstwiese eine kleine Renaissance erlebt: Grundbesitzer legen junge Streuobstwiesen an. Anderorts werden bestehende Streuobstwiesen erhalten und neu gepflegt. Zudem können Konsumenten regionale Streuobst-Produkte kaufen und somit zum Erhalt dieses wertvollen Lebensraumes und seiner artenreichen Pflanzenwelt beitragen.

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